Heute noch bestehende Friedhöfe
- Oberhalb von Ortaköy am Bosporus liegt ein Friedhof, dessen Ursprünge in die byzantinische Zeit zurückreichen sollen. Er wurde zumindest vor wenigen Jahrzehnten noch zu Bestattungen genutzt, wahrscheinlich ist das bis heute so.
- Die beiden flächenmäßig größten jüdischen Friedhöfe liegen bei Hasköy, am nördlichen Ufer des Goldenen Horns und in İcadiye, oberhalb von Kuzguncuk auf dem asiatischen Ufer des Bosporus. Beide bestehen seit dem 16. Jahrhundert, der erstere scheint nicht mehr belegt zu werden, der zweitere dient bis heute als Bestattungsort. In Hasköy grenzt an den großen jüdischen Friedhof der sehr viel kleinere karaitische.
Wohl der prominenteste Tote auf dem Friedhof von Hasköy ist Abraham Salomon Kamondo (1781-1873), Bankier und Philantrop. Er starb in Paris, hatte aber testamentarisch seine Beisetzung auf dem Friedhof von Hasköy in seiner Heimatstadt Istanbul verfügt.
Die Familie Camondo, Sefarden aus Spanien, war im 16. Jahrhundert aus ihrem Heimatland vertrieben worden, und kam wohl über Venedig nach Istanbul. Abraham Salomon gründete 1815 mit seinem Bruder Isaak die Bank 'Isaak Camondo&Cie.', die bald eine bedeutende Rolle in der europäischen Finanzwelt spielte. Nach dem Tod seines Bruders war Abraham Salomon alleiniger Inhaber, er trug u.A. wesentlich bei zur Finanzierung der osmanischen Kriegsführung im Krimkrieg (1853-1855) und wurde dafür vom Sultan mit einem hohen Orden ausgezeichnet. Für die Finanzierung der italienischen Eisenbahn erhob in der italienische König in den Grafenstand.
Bleibende Verdienste erwarb er sich durch die großzügige Finanzierung zahlreicher karitativer Unternehmungen.
An ihn erinnern bis heute die Kamondo-Treppen, ein Baudenkmal des Jugendstils unterhalb des Galata-Turms. Zum Gedenken an seinen Urenkel Nissim Kamondo (1892-1917), der als Flieger in der französischen Luftwaffe im I. Weltkrieg fiel, stiftete seine Familie das 'Musée Nissim de Camondo' in Paris.
- Zuletzt hinzu kam der 'Italienische Friedhof' in Şişli, der 1867 für Juden ausländischer Staatsangehörigkeit angelegt wurde, und bis heute der Bestattungsort wohlhabender Familien ist.
1865 spaltete sich eine reformorientierte Gruppe von der sefardischen Gemeinde ab. Viele ihrer Gründer hatten Livorneser Juden unter ihren Vorfahren, so entstand der Name 'Francos' für diese Gruppierung, die die 'Israelitische ausländische Gemeinde von Pera unter italienischem Schutz' ins Leben rief. Ihrer besonderen Verbindung zu Italien dürfte der 'Italienische Friedhof' in Şişli seinen Namen verdanken.
- Abseits der historischen Siedlungsgebiete liegt ein weiterer Friedhof hoch über Ortaköy, in Ulus Mahallesi. Dort erhielten die Aschkenazim 1901 erstmals einen eigenen Friedhof, angrenzend an einen der Sefardim. Auf dem aschkenazischen Friedhof wurde der bedeutende deutsche Orientalist Karl Süssheim (1878-1947) begraben.
- Angesichts des Platzmangels auf den bestehenden Friedhöfen sollte zu Anfang der 1990er-Jahre ein neuer Friedhof bei Kilyos am Schwarzen Meer – unweit des heutigen Flughafens – angelegt werden. Die Entfernung zur Stadt war zu groß, die Verkehrsanbindung zu schlecht, und so wurde das Projekt aufgegeben.
- Ein Sonderfall ist der Friedhof der Dönme, der Gemeinde derer, die dem Pseudomessias Sabbatai Zwi (1626-1676) folgten, und wie er zum Islam übertraten, dabei aber Rituale ihrer angestammten Religion bewahrten, und bis heute in eigener wie Fremdbetrachtung eine eigenständige Gemeinschaft darstellen. Dieser Friedhof in Üsküdar, der sich von 'normalen' muslimischen Friedhöfen in der Gräbergestaltung und der Anlage deutlich unterscheidet, heißt 'Selânikliler Mezarlığı', der Friedhof derer aus Saloniki. Die griechische Stadt Thessaloniki war bis zu ihrer deutschen Besetzung und der darauf folgenden Deportation und Ermordung der dort lebenden Juden ein Zentrum der Anhänger des Sabbatai Zwi.