Der Friedhof von Sickenhofen

Der jüdische Friedhof liegt ca. 1 km östlich des Ortes auf einer Sanddüne, umgeben von Wiesen und Feldern. Vermutlich hat man den Friedhof dort wegen des Sandbodens angelegt, der für die Landwirtschaft nicht nutzbar war. Umgeben ist das Areal von einer aufwändigen, gegliederten Ziegelsteinmauer, was auf einen gewissen Wohlstand der ehemaligen jüdischen Gemeinde hinweist. Von weitem erkennt man ihn eigentlich nur durch einige wenige hohe Eichenbäume. Das Areal hat eine Größe von 2048 qm, ein Weg teilt es in einen nördlichen und einen südlichen Teil. Heute sind noch 139 Grabsteine in 32 Reihen zu sehen. Die letzte Beerdigung fand im Jahre 1936 statt.

Wie fast alle alten jüdischen Friedhöfe ist er nicht frei zugänglich. Der Stadtarchivar aus dem benachbarten Babenhausen lädt hin und wieder zu Führungen ein, er verwahrt den Schlüssel und begleitet interessierte Besucher persönlich.

Durch ein verrostetes Eingangstor betritt man das Gelände. Rechterhand, im nördlichen Teil des Friedhofs stehen in den vordersten Reihen  schöne klassizistische Grabsteine aus rotem und weißem Sandstein, auch aus Kunststein aus den Jahren 1850 – 1900, die recht gut erhalten sind. Diese Grabsteine aus wilhelminischer Zeit tragen burgähnliche Aufsätze, neugotische Verzierungen mit floralen Elementen, auf deren Vertiefungen Platten mit den Namen der Verstorbenen angebracht waren, die teils im Laufe der Jahre abgefallen sind. Diese Grabsteine zeigen die allmähliche Anpassung an christliche Bräuche, und der erste Grabstein, der auch eine deutsche Inschrift trägt, stammt aus dem Jahre 1847 und ist der einzige zweisprachige Stein, wobei generell das hebräische Schriftbild dominiert. Ein hoher polierter  Grabstein besteht aus schwarzem Granit und wurde in neuerer Zeit von jüdischen Nachkommen aus Chicago finanziert.

Im nördlichen hinteren Teil des Friedhofs stehen die ältesten Grabsteine, teils in Form von Monolithen mit althebräischer Inschrift. Die althebräische Schrift ist nur noch für Rabbis lesbar, die diese alte Sprache studieren müssen. Ganz hinten im nördlichen Teil ist nur noch Rasen zu sehen, unter dem vermutlich eingesunkene alte Grabsteine liegen. Die Belegung erfolgte von rechts hinten nach vorn zu den klassizistischen Grabsteinen. Links des Weges, im südlichen Teil, ist der Friedhof nur teilbelegt mit dem zuletzt im Jahre 1936 errichteten Grabstein für Rosa Götz, gestorben am 18.09. 1936. Hier sieht man - inzwischen eingesunkene - Grabeinfriedungen wie sie auf christlichen Friedhöfen üblich sind.

Gut erhaltene Symbole auf den Steinen sind segnende Hände (Priesterhände) z.B. auf dem Grabstein von Israel Kahn, gestorben 1894, der zu den Kohanim, den „Nachkommen des Hohepriesters Aaron“ gehörte.  Hier handelt es sich um eine weitverzweigte Familie in der Region mit vielen Nachkommen und Gräbern.

Weitere Symbole sind die Levitenkanne, ein Schofar, ein rundes Gefäß, aus dem Flammen steigen, Palmwedel und 6zackige Sterne. Oben auf den Grabsteinen sieht man häufig 2 hebräische Schriftzeichen, die besagen „hier liegt/ruht.....“. Häufige Namen sind Kahn, Siegel, Götz, Frank, wobei die Familie Siegel im Gebiet Sickenhofen einen blühenden Geflügelhandel führte. In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts werden folgende weitere Berufe genannt: Metzger, Spetzereikrämer, Handelsmann, Sattler, Uhrmacher, Lumpensammler, Federnhändler, Viehhändler.

Der am besten erhaltene Stein gehört zum Grab der Großeltern des Schriftstellers Paul Arnsberg, der in den 70er Jahren Texte und  einen Bildband über die jüdischen Gemeinden in Hessen verfaßt hat.

Während des 2. Weltkrieges wurden hier auch Kriegsgefangene mohammedanischen Glaubens bestattet, die jedoch später exhumiert und verlegt wurden.

Viele Grabsteine wurden bei Vandalismus im Jahre 1983 beschädigt sowie durch einen entwurzelten Baum im Jahre 1987. Es war danach schwierig, Sockel, Mittelteile und Obelisken wieder richtig einander zuzuordnen.

 

Juden in Rimbach

Der Friedhof von Rimbach

Quellen und Literatur Rimbach

 

Juden in Hessen