Der Friedhof Betahayim nuevo

1656 war Juden wieder die Niederlassung in England erlaubt worden. Die ersten von ihnen, sephardische Marranen aus den Niederlanden, siedelten am östlichen Rand des Stadtgebietes, und dort legten sie bereits im Folgejahr, 1657, ihren ersten Friedhof in Mile End an , den ‚Betahayim Velho’. Er war nur etwa 0,6 ha groß, und angesichts der stetig wachsenden Gemeinde war absehbar, daß seine Kapazität in nicht ferner Zukunft erschöpft sein wurde. Daher erwarb man bereits 1724 einen etwa 200 m östlich gelegenen Obstgarten als Gelände für einen zweiten Friedhof, der jedoch zunächst verpachtet wurde. 1733 wurde hier der ‚Betahayim Nuevo’, der neue Friedhof, angelegt, der 1855 erweitert und bis 1899 genutzt wurde, 1936 wurde er offiziell geschlossen. Seit 1896 verfügte die Gemeinde über einen wesentlich größeren Friedhof an der Hoop Lane in Golders Green.

Der ursprünglich dem Friedhof benachbarte Campus des Queen Mary College (seit 2000: Quen Mary University of London) wuchs mit der Zeit um den Friedhof herum, und so bestand nach dessen Schließung seit den 1940er-Jahren seitens der Hochschule der Wunsch, dieses Gelände für eigene Zwecke zu nützen, ein Wunsch, der auf heftige Proteste stieß. Erst 1973 kam es zu einer Einigung, gemäß derer gut ¾ der Fläche des Friedhofes der Hochschule überlassen wurden, während der Rest erhalten blieb. In Folge wurde bis 1974 etwa 7000 bis 7500 Umbettungen nach Brentwood, Essex vorgenommen, wo sie auf dem eigens hierfür angelegten Friedhof in Massengräbern beigesetzt wurden. - Einige besonders bedeutende Gräber wurden nach Golders Green, auf den sephardischen Teil des Friedhofs an der Hoop Lane überführt. Erhalten blieben ca. 2000 Gräber aus dem 19. Jh. auf einer Fläche von ca. 1000 m2. Bis vor einigen Jahren war dieser Rest des Friedhofes unzugänglich hinter einer Mauer verborgen, aber inzwischen ist er frei einsehbar und begehbar.

Das ganze Londoner East End war auf Grund seiner Nähe zum Hafen Ziel deutscher Bombenangriffe während der Battle of Britain (1940-41), auch dieser Friedhof wurde getroffen, allerdings gab es innerhalb des kleinen erhaltenen Gebietes anscheinend nur einen Treffer. Die Stelle im südlichen Drittel ist durch eine niedrige kreisrunde Ummauerung markiert.

Sowohl der alte wie der neue Friedhof liegen innerhalb des Campus der Queen Mary University:

- Betahayim Velho liegt zwischen Gebäuden, unzugänglich und nicht einsehbar, und kann nur im Rahmen von Führungen oder nach Anmeldung bei der S&P Sephardi Community (https://www.sephardi.org.uk/contact/) besucht werden. 

-  Betahayim Nuevo ist während der Öffnungszeiten des Universitätsgeländes frei zugänglich. Vom U-Bahnhof Mile End folgt man der Mile End Road stadteinwärts (nach Westen).  Unmittelbar nach der Brücke über den Grand Union Canal zweigt rechts Westfield Way mit einem Eingang zum Campus ab. Nach dem ersten Gebäude auf der linken Seite wendet man sich nach links und hat nachwenigen Schritten den Friedhof vor sich. Er liegt gut einen Meter tiefer als die Umgebung, an der Südseite führt eine kleine Treppe zu ihm hinab.

 

Auf dem Friedhof wurde Daniel Mendoza (1764-1836) begraben, der als Begründer des ‚wissenschaftlichen Boxens’ gilt, 1789 veröffentlichte er das Buch „The Art of Boxing“. Geht man entlang der Südseite des Friehofes weiter auf die Bibliothek  zu, so kann am auf der Westseite des nächsten Gebäudes rechts eine Gedenkplakette für ihn sehen. (https://de.wikipedia.org/wiki/Daniel_Mendoza)

Quellen und Literatur

http://www.londongardensonline.org.uk/gardens-online-record.php?ID=THM049

https://lookup.london/novo-cemetery/

 

Rachel Kolsky&Roslyn Rawson, Jewish London, Grantham (IMM Lifestyle Books) 32018, p. 51, 154

Hugh Meller, London Cemeteries. An Illustrated Guide and Gazetteer, Godstone (Gregg International) 21985, p. 172-173.

 

 

Bilder und Texte: Dr. Hans-Peter laqueur, 2019; Layout: Dr. Wolfgang Heumann, 2019