Der jüdische Friedhof in Frankfurt/Oder mit Slubice/Polen

Lage und Anlage des jüdischen Friedhofs Frankfurt/Oder im heutigen Slubice * Helmut Fleischhacker

Urkundlich erwähnt wird der Friedhof der in Frankfurt/Oder lebenden Juden zum ersten Mal im Jahre 1399. In dieser Urkunde wird festgehalten, „…dass die Juden ihre Toten Juden weiterhin auf dem Judenberg gegenüber der Kuhburg gelegen begraben sollen…..“. Somit muss davon ausgegangen werden, dass diese Begräbnisstätte wesentlich älter ist und wahrscheinlich bereits am Ende des 13.Jahrhunderts angelegt wurde. Denn bereits vor der Gründung der Stadt Frankfurt/Oder (1253) siedelten hier schon Juden. Unter dieser Voraussetzung gehört der jüdische Friedhof Frankfurt/Oder mit zu den ältesten seiner Art in Mitteleuropa. Da zu dieser Zeit die Juden ihre Toten nicht innerhalb der Stadtmauern begraben durften, wurde der Friedhöfe auf der östlichen Seite der Oder angelegt. Dieses Areal liegt heute im Einzugsbereich der polnischen Stadt Slubice.

Der sicher zu Anfang kleine Friedhof wurde in den Jahren 1704 und 1764 erweitert und rund 100 Jahre später, 1868 kam der 2. Abschnitt hinzu. Die lange Belegzeit des ersten Abschnitts lässt sich damit begründen, dass die Juden immer wieder aus Brandenburg vertrieben wurden und den Friedhof somit nicht nutzen konnten. In einem erhaltenen Friedhofsregister sind für die Zeit von 1677 bis 1866 ca. 1.200 Bestattungen festgehalten, darunter die Namen von 10 hier bestatteten Rabbinern  Auf dem ab 1868 genutzten 2. Abschnitt wurde 1869 eine ca. 66 qm große Leichenhalle erbaut. In der Gestaltung des Friedhofs zeichnete sich allmählich eine Angleichung an christliche Gepflogenheiten ab. Neben den sonst üblichen Einzelgräbern entstanden Familiengrabstätten, für die Grabsteine wurde der Sandstein vermehrt durch Marmor und Granit ersetzt. Zunehmend wurden hebräische Schriftzeichen durch lateinische ergänzt oder ersetzt.

Um das Jahr 1920 kaufte die jüdische Gemeinde das an den 2. Abschnitt angrenzende Gelände für eine später notwendige Erweiterung auf. In dieser noch nicht geweihten Erde wurden Selbstmörder beigesetzt. Das Friedhofsareal betrug nun insgesamt sind 207,37 a = 20.737 qm.

Ein Denkmal für im ersten Weltkrieg gefallene jüdische Soldaten aus Frankfurt/Oder sollte 1937 aufgestellt werden. Dies wurde von den Behörden immer wieder verzögert und so fand die Einweihung des Denkmals erst mit mehreren Monaten Verspätung, unter Beobachtung der Gestapo, statt.

Nachdem der 2. Abschnitt dieses Friedhofs belegt war, fanden 1940 die ersten Bestattungen auf dem nun neuen dritten Teil des Friedhofs statt. Es entstanden in der Zeit des Holocausts, nur schlichte Grabstätten, zu einem großen Teil ohne Grabsteine. 1941 wurden 110 Opfer aus dem Arbeitslager Finkenheerd hier beigesetzt. Bei einem Fliegerangriff wurde der Friedhof in Mitleidenschaft gezogen und u. a. die Leichenhalle stark beschädigt. Die letzte offizielle Bestattung fand im Dezember 1944 statt. Der Friedhof wurde 1942 zwangsenteignet und etwas später der Stadt Frankfurt/Oder zum Kauf angeboten. Der Verkauf verzögerte sich und kam später durch die Kriegswirren nicht mehr rechtsgültig zu Stande. Auf dem Weg zur Leichenhalle sind 1945 gefallene Soldaten und andere Opfer des Krieges anonym beerdigt worden.

Betreut wurde der Friedhof seit mehreren Generationen durch die nichtjüdische Familie Billerbeck; seit 1919 tat dies Otto Billerbeck, der in der Zeit der Verfolgung der Juden während der Herrschaft des Nationalsozialismus den Friedhof weiter Pflegte und um eine würdige Bestattung der Toten bemüht war. So sorgte Billerbeck mit anderen für die Bestattung der aus der in der Pogromnacht 1938 teilweise zerstörten Frankfurter Synagoge, geretteten Thorarollen.

Nach Beendigung des 2. Weltkriegs fiel das Gebiet östlich der Oder an Polen und somit lag auch der jüdische Friedhof Frankfurt/Oder nun auf polnischem Gebiet. Das Areal gehörte nun zur Stadt Slubice. Wie viele andere Anlagen aus deutscher Zeit verfällt der Friedhof allmählich. Ab 1972 wurden vermehrt Zerstörungen von Gräbern festgestellt und im Jahre 1975 wird der Friedhof abgeräumt und das Gelände eingeebnet. Ein Hotel entsteht 1978, später wird daraus ein Nachtclub.

Aus Anlass des 600. Jahrestages der ersten urkundlichen Erwähnung des jüdischen Friedhofs Frankfurt/Oder-Slubice wurde 1999 gemeinsam von beiden Städten ein Gedenkstein auf dem Gelände des Friedhofs aufgestellt. In polnischer und deutscher Sprache ist dort zu lesen:

„ACHTET DEN ORT EWIGER RUHE“

2002 konnte nach einem Besuch des polnischen Ministerpräsidenten in den USA erreicht werden, dass der Nachtclub  schließen musste. 2004 wurde das Grundstück endgültig der jüdischen Gemeinde Szczecin, zuständig für alle jüdischen Gemeinden in Westpolen, überschrieben.

Durch das Einebnen des Geländes konnte der Friedhof nicht mehr rekonstruiert werden. Daher wurde beschlossen, diesen als Gedenkstätte zu weihen. Hierfür wurden die Grabsteine der drei bedeutendsten Rabbiner der ehemaligen jüdischen Gemeinde Frankfurt/Oder Zacharja Mendel, Joseph Meyer Theomim und Jehuda Leib Margolis neu geschaffen und an den vermuteten ursprünglichen Standorten aufgestellt. Eine offizielle Einweihung der Gedenkstätte fand am 04.05.2004 statt.Die bei der  Einebnung des Friedhofs in den vorderen Bereich geschobene Friedhofserde wurde an ihren ursprünglichen Platz in der Nähe der Abbruchkante zurückgeführt und als Gemeinschaftsgrab geweiht.

An Hand des vorhandenen Friedhofsregisters wurde nun versucht die noch vorhandenen bzw. wieder aufgefundenen Grabsteine dem entsprechenden Grab zuzuordnen. In mühseliger Kleinarbeit ist das in vielen Fällen gelungen. So hat der ältere Teil des jüdischen Friedhofs Frankfurt/Oder-Slubice wieder eine würdige Gestaltung bekommen.

 

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