Juden in Nordbaden

Die frühesten Erwähnungen von Juden im badischen Gebiet stammen aus dem Mittelalter. In Urkunden wird 1230 z. B. Freiburg i. Br. genannt, zuvor 1212 schon Wertheim oder 1226 Überlingen, sowie weitere badische Orte zwischen Bodensee und Main.

Schon bald danach erleiden die Juden grausame Verfolgungen. 1298, 1336/38 und 1348/49 werden tausende Juden ermordet, Ritualmorde und Hostienschändung werden ihnen vorgeworfen, obwohl eher wirtschaftliche und soziale Hintergründe (z. B. Schuldenstreichung) anzunehmen sind. Auch werden sie für die Pest-Epidemie durch Brunnenvergiftung verantwortlich gemacht.

Trotzdem liessen sich in den folgenden Jahrhunderten wieder jüdische Familien in Baden nieder, denn offensichtlich war die mittelalterliche Gesellschaft auf die Juden angewiesen, sei es in Handel oder als Kreditgeber. Von kurzen ruhigen Abschnitten abgesehen, waren die Juden fast immer willkürlichen Verfolgungen ausgesetzt und wurden gegen Ende des 15. Jh. praktisch vollständig aus den Städten und grösseren Territorien ausgewiesen.

Die auch in Baden vorherrschende Zersplitterung in kleine und kleinste Gebiete mit weltlicher und geistlicher Oberhoheit begünstigte andererseits die Niederlassung der vertriebenen Juden im näheren oder weiteren Umkreis der Städte. U.a. liessen so manche reichsritterschaftlichen Herrschaften die Ansiedelung von Juden zu, gegen Entrichtung von Schutzgeldern und erheblichen Sonderabgaben. Auch die Schäden und die Entvölkerung durch den Dreissigjährigen Krieg ermöglichten jüdischen Familien die Ansiedlung in den verlassenen Gebieten.
Dennoch unterlagen die jüdische Bewohner häufig ständigem Druck durch die Herrschaftsträger, sei es durch immer neue Sondersteuern, sei es durch Einschränkungen vielerlei Art (Zuweisung von Wohngebieten, Berufsverbote) bis hin zu willkürlichen Ausweisungen. Juden waren von handwerklichen Berufen ausgeschlossen, der Erwerb von Land war ihnen nicht gestattet. So lebten die Familien weithin von Vieh- und sonstigem Handel sowie dem Geldverleih.

Erst seit der Französischen Revolution entwickelten sich allmählich die Rechte und Chancen der jüdischen Bevölkerung positiv. Die Anfang des 19. Jh. in Baden lebenden rund 12 000 Juden bekamen ab 1808 Niederlassungsfreiheit, der Erwerb von Grundbesitz wurde erlaubt und akademische Ausbildung zugelassen. Einige Jahrzehnte später wurde auch die Zulassung von Juden zum Staatsdienst sowie die generelle Wählbarkeit eingeführt.

Schliesslich wurde 1862 die völlige Gleichstellung mit den christlichen Bürgern erreicht. In den grossen Städten, besonders in Mannheim und Karlsruhe, wuchsen die jüdischen Einwohnerzahlen stark an, dagegen stand ein Rückgang in den Landgemeinden. Ein blühendes kulturelles und wirtschaftliches Leben entwickelte sich, d.h. Juden waren in allen Bereichen des Lebens ganz selbstverständlich vertreten, als Ärzte, Künstler, Beamte und Abgeordnete. Erst der Nationalsozialismus setzte dem ein so fürchterliches Ende.

In Bezug auf die mittelbadischen Judengemeinden sind durchaus unterschiedliche Verläufe und Entwicklungen zu verzeichnen. Auf diese soll bei den einzelnen Friedhöfen eingegangen werden.